Autoren: Andrej Sabelfeld und Chris Wachsmuth
Der achte Tag (13.11.99), Die Hoelle - MünchenAls wir die Stube im Hauptgebäude betraten, saß Boris bereits dort und frühstückte. Es war um Zehn herum. Wir hatten vor, um Zwei abzureisen, um in München noch vor dem Dunkelwerden anzukommen. Nach dem Frühstück ging Boris mit dem "Moskauer Förster und bemerkenswerten Musiker Dewam Majakin" entlang des Bachs spazieren und bestaunte die Findlinge aus der Eiszeit. Zur gleichen Zeit wie sie waren auch wir mit Ravi unterwegs und diskutierten über die Entwicklung der Musik im Allgemeinen und die negativen und positiven Folgen ihrer Kommerzialisierung im Einzelnen. Der Ort, an dem wir uns aufhielten, heißt "Die Hölle". Im Himmel ist es, wie uns die Hausherrin Sona, erklärte, langweilig. Deshalb wählte sie diese "Hölle", als sie einen Platz für ihr Meditationszentrum suchte. Pünktlich um Zwei (endlich einmal pünktlich!) machten wir uns auf den Weg nach München. Ravi setzte sich zu mir in den Wagen, und wir fuhren vorne weg, um den anderen den Weg zu zeigen. Die Straßen in Bayern sind hervorragend und es war kaum Verkehr. Wir fuhren nicht auf der Autobahn, sondern flogen dahin. 170 km/h, 180, 190 - ich wollte gerade meine Mitfahrer darauf aufmerksam machen, als ich von Boris ein "Yesssss!" vernahm. Es bereitet schon riesigen Spaß, schnell zu fahren! Wir senkte das Tempo etwas, als uns Pawel mit dem Fernlicht seines Kleinbusses "anblinzelte" - er kam nicht hinterher! Bis München benötigten wir eine Stunde, doch um bis zum Hotel zu gelangen, verging nochmals eine halbe Stunde. Die Jungs wollten noch einkaufen gehen und dies war die letzte Möglichkeit: Bayer ist ein konservatives Land - die Läden schließen hier samstags nicht später als um Vier und sonntags ist alles außer den Kirchen geschlossen. Das ist halt nicht Moskau! Das Hotel war zwar nicht sehr zentral gelegen, dafür aber sehr gemütlich. Und da es in allen deutschen Städten Verkehrsprobleme gibt, war es so sogar besser - wir konnten ohne Probleme einen Parkplatz für unsere Autos finden. Wir verabredeten uns für um Sieben am Hofbräuhaus - der bekanntesten und wohl auch lautesten Münchener Kneipe. Der größte Teil der Truppe fuhr mit uns bereits etwas früher ins Zentrum, um vor dem Abendbrot noch etwas spazieren zu gehen. Boris ging zu seinen hiesigen Bekannten und blieb den ganzen Abend dort. Das Hofbräuhaus vermittelt das ganze Jahr über einen Eindruck darüber, was das Oktoberfest darstellt - das in allseits bekannte Bierfest. Leute aus der ganzen Welt reisen hierher, um sich zu betrinken und zuzuschauen, wie sich die Anderen betrinken. In dieser Kneipe war es das gleiche - nur der Maßstab war ein anderer. Es war eng, laut, aber lustig. Eine Volksmusikkapelle spielte bayrische Musik. Die Musiker trugen Knickerbocker - das sind bayrische Lederhosen. Allen gefiel es, nur Stas, ein ausgesprochener Ästhet, fühlte sich unwohl. Einmal im Jahr findet in München, wie auch in anderen großen deutschen Städten eine "lange Nacht der Museen" statt - alle Museen sind an diesem Tag bis zwei Uhr in der Nacht geöffnet. Von Museum zu Museum gelangt man mit einem Shuttle. Wir hatten das Glück, genau am Tag der Museen in München zu sein. Die Jungs machten sich in diesem Sinne auf den Weg und wir (Chris, Andrej und Pawel) fuhren zu Ravis Bekannten, bei denen er uns untergebracht hatte. Ravi, der kein Auto, ja nicht einmal einen Führerschein besaß, kannte sich wunderbar in der Stadt aus. Als Fußgänger. Aber der Einbahnstraßen-Jungel brachte ihn total durcheinander, und wir benötigten eine geschlagene Stunde, um zu diesen Freunden zu gelangen und einen Parkplatz zu finden. Die Bekannten erwiesen sich als russische Künstler, die bereits seit sieben Jahren in München wohnen. Sie luden uns zu einem Screwdriver ein. Pawel lehnte gleich ab, doch wir tranken das Zeug mit großem Vergnügen. Ich nutzte nach dem Stress der langen Fahrt die Gelegenheit - da ich die ganze vergangene Woche hinter dem Lenkrad saß, hatte ich bis jetzt keine Gelegenheit zum Trinken. Andrej hatte mir bereits ein paar Tage zuvor mitgeteilt, dass er nicht nach Berlin fahren würde, da er nach Schweden zurück musste. Wir hatten zwei Alternativen: entweder einen größeren Van (z.B. einen Mercedes Sprinter) oder einen Ersatz für Andrej. Einen Mietwagen zu finden war nicht das Problem, doch wer sollte ihn fahren?? Ich rief meine Frau an, die sich, zu meinem Erstaunen, einverstanden erklärte. Sie hatte während meiner einmonatigen Abwesenheit eine gigantische Arbeit geleistet und war nun ziemlich ausgelaugt. Aber 180 DM für die Zugfahrt wollte sie nicht ausgeben und das Wochenend-Sparticket für 35 DM machte auch keinen Sinn - das hätte achtmal umsteigen bedeutet! Als wir bei diesen russischen Emigranten mit unseren "Schraubenziehern" saßen, rief Sweta an und teilte mit, dass Sonntagmorgen ein paar berliner Fans sie mit ihrem Auto mitnehmen würden! "Ein Problem weniger" dachte ich und schlummerte friedlich ein...
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